Frankreich/Brest & Buchten

Unsere Fahrt von Saint-Malo nach Brest mit Zwischenstopp in einer kleinen Ankerbucht in Portsall verlief bei schwachem Wind aus wechselnden Richtungen und jede Menge Sonnenschein sehr ruhig. Für Aufregung sorgte lediglich die Einfahrt in Portsall, die wir am späten Abend bei Niedrigwasser antreten mussten. Die spitzen Felsen, die nur weniger Meter neben uns imposant aus dem Wasser ragten wiesen uns nachdrücklich darauf hin, was ein einziger Fehler in diesen Gewässern bedeuten kann. Aber unser Echolot, das die letzten Tage öfter Aussetzer hatte, war zur rechten Zeit zur Stelle und so konnten wir mit einem verbleibenden Meter Wasser unter dem Kiel einen traumhaft schönen Ankerplatz im kleinen Portsall finden. Von einem der größten Ölunfälle aller Zeiten, der Portsall gegen Ende der 70er-Jahre schwer getroffen hatte, war in dem beschaulichen Örtchen und im Watt davor nichts mehr zu sehen. 


Nach einer entspannten Nacht vor Anker und einem kleinen Einkauf in Portsall ging es gegen Mittag weiter in Richtung Brest. Dort wartete unser neues Crewmitglied am Abend bereits mit einem französischen Essen vom aller feinsten. Wir schlemmten reichlich, entdeckten das örtliche Starkbier für uns und feierten auf dem Boot unsere neue Zusammensetzung. Am nächsten Morgen schafften wir es erst spät aus dem Bett, was einer legendären Shoppingtour in den diversen Secondhandläden in Brest nicht entgegenstand. In denselben deckten wir uns mit Hawaihemden ein, die uns in der Karibik sicher noch viele gute Dienste leisten werden! Am Abend waren wir zu einer Party bei einer Bekannten unserer Mitseglerin eingeladen. Perfekt gekleidet - Hawaihemden & Bermudashorts - konnten wir uns trotz einiger Sprachprobleme, die nach einer Flasche Cola-Rum überwunden waren, schnell integrieren. Seit langer Zeit hatten wir mal wieder eine richtig durchzechte Partynacht, die standesgemäß mit einem 5 Kilometer Fußmarsch im Lichte der aufgehenden Sonne zum Boot abgeschlossen wurde. 


Nachdem wir die letzten Wochen ordentlich Meilen auf dem Wasser abgerissen hatten, entschieden wir nun mal wirklich etwas Urlaub zu machen und ein paar Tage länger in der zauberhaften Bretagne zu verweilen. Diese brachte derweil bereits alles mit, was wir uns von unserer Reise erhofft hatten! Mediterranes Ambiente, das Wetter der Südsee und der raue Nordsee/Atlantikwind sind eine Kombination die vergeblich ihres gleichen sucht. Auch wenn wir beim Angeln, trotz Aufrüstung des Equipments, weiter erfolglos blieben, konnten wir unseren ersten Delfin auf dieser Reise sehen. Ein wirklich majestätischer Anblick! 


Wir entschlossen uns also die nächsten Tage ein paar Buchten in der Nähe von Brest anzulaufen und wenn der Wind es zuließ vielleicht sogar bis Lorient, der Heimat der absoluten Elite der Rennyachten in Europa, zu segeln. Dabei hatten wir wie so oft tausend Möglichkeiten und keine Chance eine falsche Entscheidung zu treffen. Dieses entspannte Gefühl gepaart mit einem Cola-Rum führte uns in eine kleine Bucht direkt bei Brest. Wir landeten mit unserem Schlauchboot an einem abgelegenen Strand und erforschten die dicht bewachsenen und mit Bunkern übersähten Klippen. Und das Leben bot uns wieder seine besten Facetten! Brombeeren am Wegesrand, eine Klettertour mit Seil zu einem versteckten Bunker und eine Apfelschlacht versüßten uns den Tag. Doch hatten wir bei all unserem Entdeckungsdrang der immer weiter zunehmende Brandung zu wenig Beachtung geschenkt. So mussten wir das Schlauchboot über spiegelglatte Steine ins Meer tragen und wurden dabei mehrfach von den tosenden Wellen, die sich ihren Strand von uns zurückholen wollten, zurückgeworfen. Zur Rettung des technischen Equipments blieb Niclas am Strand zurück und trat barfuß einen langen Fußweg durch die Wälder der Bretagne an, um am Sandstrand in der geschützter gelegenen Bucht wieder eingesammelt werden zu können. Aber sowohl Besatzung als auch Ausrüstung überstanden das Abenteuer mit kleineren Blessuren. Lediglich der Außenborder unseres Schlauchbootes läuft seit dem Manöver nicht mehr rund, ein weiter Punkt also für die Reparaturliste, dem André allerdings zuversichtlich gegenübersteht. 


Zurück am Boot gab es das wohl bislang dekadenteste Essen der Tour - Grünkohl mit Bratkartoffeln! Am nächsten Tag ging es weiter zur nächsten Ankerbucht bei Morgat, ein Geheimtipp von unsern neuen französischen Freunden, die uns dort auch besuchen wollten. Bei dieser Fahrt bewies sich unsere Running Deer mal wieder als echte Rennziege und wir liefen bei voller Beseglung teilweise deutlich über 10 Knoten durch das spiegelglatte Wasser. Und auch die Bucht bei Morgat bot uns wieder einen traumhaften Ausblick und wir konnten uns für die überragende Hausparty vom vergangenen Samstag revanchieren. Nach Verabschiedung unserer beiden französischen Übernachtungsgäste brachen wir bei top Wind zu einem Segeltörn zur anderen Seite der Baie de Douranenez zum Namenpatron der Bucht, der kleinen Hafenstadt Douranenez auf. 


Dort angekommen legten wir uns an eine Murringtonne und ruderten mit reiner Muskelkraft zur nebenliegenden Insel deren flachauslaufende Klippen uns perfekt zum ersten Grillabend auf dieser Reise erschienen! Unsere Vermutung bestätigte sich und wir verbrachten einen gemütlichen Abend direkt vor Douranenez. Am nachfolgenden Tag - wir vermuteten es sei ein Donnerstags, aber so genau wusste das keine mehr - fuhren wir in den Hafen von Douranenez, um nochmal einzukaufen und das kleine Örtchen zu erkunden. Auch hier gab es wieder etliches zu sehen und wir genossen die Zeit an Land mit französischem Starkbier. Gegen Mittag kamen uns erneut die Franzosen zum Grillen besuchen und wir verbrachten den Tag am Strand bevor es gegen Abend weiter Richtung Ile de Sein ging. Allerdings schlief der Wind ein und als André einen Schwarm von Möwen über der Bucht entdeckte, sah er die sichere Gelegenheit endlich einen Fisch zu fangen. Zwar blieben unsere Haken erneut unberührt, doch brachte uns dieser Abstecher einen der bislang magischsten Momente unserer Reise. Etliche Vögel und ein Schwarm Delfine hatten einen Fischschwarm entdeckt und kreisten nun von allen Seiten um unser Boot herum. Ein Naturerlebnis, das mit Worten zu beschreiben schlicht nicht möglich ist! 


Aufgeregt von diesem ereignisreichen Tag entschieden wir uns einfach noch etwas in der windstillen Bucht treiben zu lassen und die Ile de Seine erst am nächsten Tag anzulaufen. Wir ließen uns noch bis in die Nacht durch die Bucht treiben und versuchten unser Glück zu fassen, Traum und Realität zu trennen und diesen wunderbaren Tag bis zur letzten Sekunde zu genießen. 


In den nächsten Tagen werden wir weiter in Richtung Lorient segeln und am Montag nach Brest zurückkehren um uns für die Überquerung der berüchtigten Biskaya mit Andrés Bruder zu verstärken und noch einige kleine Reparaturen vorzunehmen. 


Bis dahin hoffen wir, dass auch ihr zu Hause das wunderbare im Alltag entdecken könnt! 


André und Niclas 



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