Portugal/Algarve

Unser erster Stopp in der Algarve war am späten Sonntagabend eine Ankerbucht am südwestlichsten Punkt Europas, dem Cabo de Sao Vicente. Der Tag auf See war schwachwindig, aber wir kamen mit etwa 4 Knoten stetig voran und vertrieben uns die Zeit mit Kochen, Filmen und dem Beobachten von Delfinen – die mit Abstand größten, die wir bisher erspähen konnten. Obwohl uns die Delfine nunmehr täglich begleiten, ist es immer wieder ein Vergnügen zu sehen, wie die verspielten Tiere zwischen unseren Rümpfen hin und her zischen. Bereits bei Umrundung des Kaps wurde uns klar, dass die Berichte über die Algarve nicht gelogen waren: riesige, weinrote Steinküsten ragen eindrucksvoll aus dem Atlantik und bilden den Beginn Europas. Zum Grillen des frischen Fisches aus Lissabon war es an diesem Abend leider schon zu spät und so holten wir etwas fehlenden Schlaf von der Nachtfahrt nach. Am nächsten Morgen ging es mit den Jungs von der Ranch-o – wie Andre unser Beiboot liebevoll taufte – an Land. Wir besichtigten die Fortaleza de Sagres und verewigten dort die Running Deer im Steinlabyrinth, bevor es unter idealen Bedingungen wieder auf See ging. Unser nächstes Ziel war das etwa 17 Meilen entfernte Lagos, wo wir noch dringend die Sim-Karte für unser Satellitentelefon in Empfang nehmen mussten. Auf der Überfahrt erlaubten wir uns einen Spaß mit Harry und Thomas und zeigten den beiden die Grenzen der 20 Tonnen schweren Rantje auf, indem wir sie mit unserem flinken Katamaran zweimal umrundeten. Eine Schmach, die Harry so nicht auf sich sitzenlassen konnte und so warf er uns auf die Frage nach einem Bier für die Regattasieger nur ein alkoholfreies Erfrischungsgetränk herüber. In Lagos angekommen konnten wir am Strand endlich den Fisch aus Lissabon grillen und an einem abgelegenen, traumhaft schönen Strand ein Lagerfeuer machen. In der Nacht besuchte uns ein fast vergessener Freund aus früheren Gewässern: Die Tide hatte an unserem Strand ein Minenfeld aus kleinen Steinen und Felsen freigelegt, sodass wir unser Dinghy durch einen engen Felstunnel zu einem anderen Strand schleppen mussten, um wieder zurück zum Boot kommen zu können. Die nächsten beiden Tage machte sich wieder der schlechte Einfluss von Harry bemerkbar und der Partymarathon aus Lissabon wurde in den sehr gut besuchten Kneipen Lagos fortgesetzt. Keine der beiden Nächte endete trotz der Sperrstunde um 1 Uhr nachts vor 6 Uhr morgens. So wurde nach 1 Uhr auf einem Platz direkt an der Playa und am Strand weitergefeiert und viele neue Kontakte geknüpft. Und natürlich gab es auch noch eine After-Hour auf dem Boot. Lagos ist einer der Touristen- und Surfer-Hotspots in der Algarve und wir lernten Menschen aus aller Welt kennen - eine wirklich bereichernde Erfahrung!  


Am Donnerstag sahen Andre und Janschek noch die ersten SUP- und Kajakfahrer, bevor sie in die Koje fielen. Niclas wurde gegen 10 Uhr von einem Anruf aus der Werft geweckt. Unsere Mastelektrik musste dringend repariert werden, da die Pins im Verbindungsstecker teilweise vollständig korrodiert waren und unser Ankerlicht bereits ausgefallen war. Noch im Halbschlaf musste Niclas erstaunt feststellen, dass Andre und Janschek nicht in ihrer Kammer, sondern noch an Bord der Rantje waren und dort im Salon schliefen. Fix wurden die Beiden mit dem Dinghy aufgegabelt, der Anker gelichtet und das Boot zur Werft gefahren. Während die beiden Mechaniker sich unserer Mastelektrik widmeten, richteten wir das Satellitentelefon ein und informierten uns über die Corona-Beschränkungen auf unserem nächsten Reiseziel: Die mitten im Atlantik gelegene Insel Madeira. Unseren anfänglichen Plan Marokko anzulaufen, hatten wir aufgrund der Corona-Situation und der Einreisebeschränkungen dort aufgeben müssen – auch dies ist von nun an täglicher Begleiter unsere Reiseplanung. Aber mit Madeira haben wir eine nächste Etappe gefunden, die Marokko sicherlich in nichts nachstehen wird, ist das kleine Atoll doch als Blumeninsel bekannt. Zwar hätten wir gerne noch etwas die traumhaft schönen Küsten der Algarve erkundet, aber ab Freitag bot sich ein ideales Wetterfenster mit 15-25 Knoten beständigem Wind aus Nord um die 500 Meilen nach Madeira übersetzen zu können. So wurde der Donnerstag trotz Kater optimal genutzt und am Abend war die Elektrik repariert, das Satellitentelefon einsatzbereit, die Tanks wieder aufgefüllt, alle erforderlichen Dokumente aus Lagos eingeholt und der Kühlschrank nach einem Großeinkauf wieder gut gefüllt. Wir segelten noch ein paar Meilen nach Portimao um uns ein letztes Mal mit unseren Freunden von der Rantje zu treffen, die bereits am Mittag dorthin übergesetzt hatten. Wir verbrachten einen ruhigen Abend und erledigten am nächsten Morgen noch die verbliebenen kleineren Reparaturen an der Funkantenne und der Großschot, bevor wir gegen Mittag die Segel setzten, um uns endlich das Prädikat Blauwassersegler zu verdienen. Von nun an stand fest: Für mindestens acht Monate würden wir Kontinentaleuropa sowie jegliches Festland nicht mehr zu Gesicht bekommen. Eine Tatsache, die uns erst nach dem Ablegen so richtig bewusst wurde und unsere Herzen vor Aufregung und Vorfreude auf die kommenden Monate höher schlagen ließ.  


Landschaftlich war die Algarve bisher eine der schönsten Regionen, die wir entdecken durften. Und auch an den Temperaturen wird immer klarer, dass wir so langsam im Süden angekommen sind. Haben wir die ersten Nächte noch einen Pulli mitgenommen, konnten wir dieses Kleidungsstück rasch aus unserer Garderobe verbannen. Endlich! 


Nun rechnen wir mit 4-5 Tage auf dem offenen Atlantik, ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt. Auf Madeira angekommen werden wir einen Corona-Test ablegen und bis zum Ergebnis in Quarantäne gehen müssen, dies soll nach Auskunft der Behörden jedoch nur 12 Stunden dauern, was nach einer langen Zeit auf See verkraftbar sein dürfte. Von Madeira aus werden wir von unserer ersten echten Hochseeetappe berichten und senden bis dahin Grüße in die sich immer weiter entfernende Heimat 


Andre, Janschek & Niclas

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