Kanaren/Lanzarote & Fuerteventura

Nachdem die strahlenden Lichter Madeiras am Horizont erloschen waren und wir unsere ganze Aufmerksamkeit wieder dem Blick gen Süden widmeten, verbrachten wir zwei traumhafte Segeltage auf dem Atlantik mit perfektem Wetter. Zwar waren die Wellen anfangs noch sehr ruppig, aber nach der ersten Nacht störte nichts mehr unser Segelvergnügen. Mit ungefähr 5 Knoten im Durchschnitt legten wir die 290 Meilen bis zur Playa Blanca im Süden von Lanzarote unter Code-Zero Beseglung wie im Flug zurück. Die Tage ließen sich optimal auf dem Vorschiff in der glühenden Sonne verbringen und die Nächte verzauberten mit taghellen Sternenhimmel. Auf der östlichsten der Kanareninseln angekommen, stellten wir erfreut fest, dass es dieses Mal keinerlei coronabedingten Einreisebeschränkungen gab und so konnten wir am frühen Samstagmorgen in der Marina Rubicon festmachen. Trotz der unproblematischen Einreise weckte uns der Hafenmeister um 9 Uhr morgens nach nur 2 Stunden Schlaf mit der Aufforderung unser Boot zu verholen und einzuchecken. Nachdem dies erledigt war, ließ die gleißende Mittagssonne weiteren Schlaf nicht zu und so entschieden wir uns, den kleinen Touristenort Playa Blanca zu erkunden. Dieser bot einige Bars und Restaurants sowie einen Berg aus Vulkangestein, den zumindest Niclas gegen Abend erklomm, aber ansonsten keine größeren Besonderheiten. Nach den wundervollen Landschaften in der Algarve und auf Madeira waren wir scheinbar zu verwöhnt geworden und so konnten uns auch das einheitliche Stadtbild von Playa Blanca mit den kleinen weißen Lehmhäusern und die Gärten aus schwarzem Vulkangestein nicht sonderlich beeindrucken. Aufgrund der vielen Baustellen und der freistehenden Felder aus Vulkangestein glich der Ort einer Baulandschaft mit einem von Touristen überlaufenen Stadtkern voller Restaurants und Souvenirläden. Höchst erfreut mussten wir aber feststellen, dass einer der kleineren Kioske tatsächlich Mount Gay Rum im Angebot hatte. Wir hätten nicht damit gerechnet, unseren absoluten Lieblingsrum, der uns leider bereits im Ärmelkanal ausgegangen war, auf unserer Reise noch einmal wiederzuentdecken. So hielt uns auch der im Vergleich zu Helgoland recht hohe Preis für das edle Getränk nicht davon ab, drei Flaschen mitzunehmen und direkt die erste davon wieder auszuleeren.  


Bereits bei unserem Anlegemanöver morgens hatte uns Arnd am Steg angesprochen. Arnd hat seine Firma in Deutschland verkauft und ist nun mit seinem neuen Lagoon 42 Katamaran „Kibo“ und seiner Frau Skarlet im Dauerurlaub auf Lanzarote gestrandet. Da die beiden bereits seit 3 Wochen auf Lanzarote waren, konnten sie uns abends bei einem Bier auf der Kibo einige hervorragende Tipps für die nächsten Tage auf Lanzarote geben. Wir organsierten uns einen Leihwagen und machten uns auf eine Inselrundfahrt. Dabei gab es vor allem eins zu sehen: Rotes Vulkangestein so weit das Auge reicht. Wenn sich doch einmal ein braungrüner Fleck in der Landschaft fand, so waren es Kakteenfelder, die aber ebenfalls unter dem staubtrockenen Klima zu leiden schienen. Wir fanden einige schöne Aussichtspunkte mit Blick auf die benachbarten Inseln und kauften Kaktuslikör sowie Lanzarote-Wein. Außerdem entdeckten wir zwei Vulkane und einen stillgelegten Staudamm, die wir zu Fuß erklommen und die etwas Abwechslung in die Inselrundfahrt brachten. So waren wir uns bereits nach einem Tag einig, dass wir unser Boot in eine kleine Ankerbucht neben der Marina verholen und noch etwas Zeit auf dem Wasser verbringen wollen. 


Die Ankerbucht lud bei strahlendem Sonnenschein und glasklarem Wasser zum Sonnenbaden auf dem Vorschiff und Abkühlung bei einigen Schnorchelgängen ein. Außerdem hatte sich erst einige Tage zuvor ein kleinerer Katamaran bei auflandigen Winden vom Anker losgerissen und war ohne Besatzung an Bord an den steinigen Klippen zwischen den Sandstränden zerschellt. Die Reste des Wracks lagen nun auf den Steinen und konnten von jedermann begangen werden. Erneut eine klare Warnung für uns, die Naturgewalten niemals zu unterschätzen und stets Vorsicht walten zu lassen. Abends waren die Bedingungen mal wieder perfekt für einen Grillabend samt Lagerfeuer auf dem menschenleeren Strand. Dieser Teil des Segellebens war auf Madeira aufgrund der fehlenden Strände vollständig vernachlässigt worden und so freuten wir uns umso mehr endlich mal wieder eine kleine Beachparty veranstalten zu können. Skarlet und Arnd kamen uns besuchen und die alten Polster aus dem gestrandeten Katamaran ließen sich ausgezeichnet zu einer Beach-Lounge zweckentfremden. Am nächsten Mittag hatten wir genug von Lanzarote gesehen und wollten weiter Richtung Fuerteventura. Beim Einholen des Ankers mussten wir jedoch feststellen, dass sich die Ankerkette zwischen zwei Steinen in etwa 10 Meter Tiefe verhakt hatte und nun nicht mehr zu lösen war. Trotz einiger Tauchgänge und vielem Manövrieren konnten wir den Anker nicht lichten. Wir beschlossen uns Hilfe von der lokalen Tauchschule zu holen. Diese versprach uns gegen Abend zur Hilfe zu kommen. Kurz bevor es soweit war, starteten wir einen letzten Versuch und hatten großes Glück, da die Tide die Kette bereits befreit hatte – die schönsten Probleme lösen sich einfach durch Zeitablauf! Wir sagten der Tauchschule ab und freuten uns über die gesparten 150€. Da es jedoch schon recht spät war, beschlossen wir, nunmehr an einer Muringtonne festzumachen und erst am nächsten Morgen nach Fuerteventura überzusetzen. Beim Aufwachen stellte Niclas fest, dass er sich bei einem der Tauchgänge vom Vortag wohl übernommen hatte und besser einen Arzt aufsuchen sollte, um seine Lunge und Ohren checken zu lassen. Daher fuhren wir noch einmal Richtung Marina und konnten gegen Mittag – mit der guten Nachricht, dass alles in Ordnung war und Niclas sich nur einige Tage schonen sowie Ohrentropfen nehmen sollte, endlich die knapp 10 Seemeilen bis zur Isla de Lobos direkt vor Fuerteventura zurücklegen.  


Auch dort fanden wir wieder eine Muringtonne zum festmachen und Niclas erkundete die Insel während Andre, Janschek und Sophie sich fürs Schnorcheln in der fischreichen Bucht entschieden. Die Isla des Lobos überraschte trotz der zu Lanzarote sehr ähnlichen, monotonen Landschaft mit einigen Ruinen und abgestorbenen Küstenwäldern sowie einem alten, leerstehenden Leuchtturm. Die nächsten Tage segelten wir an der Ostküste von Fuerteventura entlang und legten kurze Stopps in Puerto del Rosario, Puerto del Castillo und Morro Jable ein. Dabei bot sich immer wieder ein ähnliches Bild: leergefegte Strände und Flaniermeilen vor hohen Reihen aus Hotels. Auf diesem Abschnitt unserer Reise machten sich Auswirkungen von Corona auf den Tourismus am krassesten bemerkbar und nach dem belebten Madeira fehlten uns die gut gefüllten Bars und Restaurants doch etwas. Zum Trübsal blasen war dennoch kein Anlass, da uns am Sonntag Leni aus Deutschland besuchen kam und jede Menge Motivation auf das Segeln und die kanarischen Inseln mit an Bord brachte. Außerdem versorgte uns Leni mit Knoblauchpfeffer und einer weiteren Flasche Mount Gay von Helgoland und wertete unsere Weiterreise damit auch kulinarisch erheblich auf! Montagabend stand der Wind gut und wir verließen die letzte Station auf Fuerteventura mit Kurs auf Las Palmas, Gran Canaria! Die Hauptstadt der Kanaren ist für einen der größten Atlantikhäfen und die jährlich im November stattfindende ARC (Atlantic Rallye for Cruisers) berühmt. Den Start der Regatta über den Atlantik am 08.11.2020 wollen wir uns auf keinen Fall entgehen lassen, da uns die gleiche Route bevorstehen wird. Bei der Überfahrt nach Gran Canaria wurden wir bereits von Arnd vor den Windkanälen zwischen den Inseln gewarnt, die teilweise zu erheblichen Abweichungen des vorhergesagten vom tatsächlichen Wind führen. Nach Gran Canaria sind es nur knapp 60 Meilen, sodass wir guter Dinge sind, bereits am Dienstagmorgen in den Hafen von Las Palmas einlaufen zu können. 


Lanzarote und Fuerteventura waren sicherlich keine Highlights unserer Reise, aber boten dennoch nichts weniger als sehr viel Sonne und einige schöne Segel- sowie Strandtage. Und auch die Liegegebühren in den Häfen waren vergleichsweise sehr günstig. Außerdem konnten wir einige kleinere Reparaturen am Spibaum und den Benzinschläuchen vorbereiten, die wir auf Gran Canaria hoffentlich abschließen werden. Und gerade bei den Nachrichten, die uns derzeit aus der weit entfernten Heimat erreichen, ist uns bewusst wie dankbar wir für die unfassbar schöne und aufregende Zeit auf unserer Running Deer seien können! Viel zu oft verkennt man das Magische im Alltäglichen und grämt sich über Kleinigkeiten, die bei genauer Betrachtung keines Verdrusses wert sind. Und wie bereits Winnie Pooh uns lehrte: Die Menschen sagen nichts ist unmöglich, doch wir machen jeden Tag nichts. Mit dieser Weisheit im Hinterkopf freuen wir uns auf die weiteren Kanareninseln, die deutlich mehr Grün bieten sollen und immerhin mit zu den letzten Stationen auf dieser Seite des Atlantiks gehören. Auch die Besatzung wird auf Gran Canaria weiter wachsen, da wir am Sonntag Rene, der mit uns bereits die Biskaya bezwang, erwarten. Es wird also wieder reichlich eng in unserer kleinen See-WG! 


Sonnige Grüße nach Deutschland 


Andre, Janschek & Niclas

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